Sturz aus dem eigenen Fenster kann versicherter Arbeitsunfall sein

Arbeitnehmer sind auf ihrem direkten Weg von zuhause zur Arbeit oder zurück nachhause in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert. Hierbei beginnt der Versicherungsschutz auf dem Weg zur Arbeit grundsätzlich mit dem Durchschreiten der Wohnungs- bzw. Haustür. Auf dem Rückweg endet der gesetzliche Versicherungsschutz mit dem Betreten der eigenen Wohnung.

In einem vor dem Bundessozialgericht geführten Rechtsstreit wollte ein gesetzlich versicherter Fahrzeuglackierer einen wichtigen beruflichen Termin wahrnehmen. Als er seine Wohnungstür im Dachgeschoss von innen aufschließen wollte, brach ihm jedoch der Wohnungsschlüssel ab, sodass er die Wohnung nicht durch die Wohnungstür und das Treppenhaus verlassen konnte. Der Lackierer kletterte deshalb durch ein Fenster auf ein Vordach, um von dort auf sie Straße zu gelangen. Hierbei stürzte er und zog sich eine langwierige Verletzung des rechten Unterschenkels zu. Die zuständige Berufsgenossenschaft lehnte Zahlungen für den Unfall (z.B. Verletztengeld) ab, da sich der Lackierer auf dem Vordach noch nicht im öffentlichen Raum befunden habe.

Das Bundessozialgericht entschied jedoch, dass sich der Lackierer bereits auf unmittelbarem Weg zu seiner Betriebsstätte befand. Vorliegend sei der normale Weg durch die Wohnungstür und das Treppenhaus versperrt gewesen, sodass der Weg durch das Fenster erforderlich gewesen sei. Das Verlassen der Wohnung durch das Fenster sei im vorliegenden Fall auch grundsätzlich unfallfrei zu bewerkstelligen gewesen sein.

Vorliegend dürfte es sich allerdings um einen eher seltenen Ausnahmefall handeln. Solange es möglich ist, die eigene Wohnung auf dem normalen Weg durch die Wohnungstür und das Treppenhaus zu verlassen, besteht für „Klettertouren“ grundsätzlich kein Unfallversicherungsschutz.

Auch im Zusammenhang mit privaten Erledigungen auf dem Weg zur Arbeit oder von der Arbeit nach Hause kommt es immer wieder zu Streit über den Umfang der gesetzlichen Unfallversicherung. Hier empfiehlt sich, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.