Im November 2012 schrieb das Evangelische Werk für Diakonie und Entwicklung e. V. eine befristete Referentenstelle aus. Für die Erstellung des Parallelberichts zum internationalen Übereinkommen der vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form von rassistischer Diskriminierung. Im Rahmen dieser Tätigkeit sollten unter anderem der Parallelbericht zum deutschen Staatenbericht sowie Stellungnahmen und Fachbeiträge erarbeitet, die Diakonie Deutschland projektbezogen nach außen hin vertreten und in betreffenden Gremien mitgearbeitet werden.
In der Stellenausschreibung wurde ausdrücklich die Mitgliedschaft in einer evangelischen oder der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in Deutschland angehörenden Kirche und die Identifikation mit dem diakonischen Auftrag vorausgesetzt. Bewerber sollten ihre Konfession im Lebenslauf angeben.
Eine konfessionslose Bewerberin, die nach einer ersten Bewerbungssichtung noch im Auswahlverfahren verblieben war, wurde nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen.
Die Bewerberin nahm an, dass sie wegen ihrer Konfessionslosigkeit abgelehnt worden sei und forderte eine Entschädigung. Sie machte hierbei geltend, die in der betreffenden Stellenausschreibung geforderte Religionszugehörigkeit sei mit dem Benachteiligungs- und Diskriminierungsverbot des allgemeinen Gleichstellungsgesetzes nicht zu vereinbaren.
Das evangelische Werk für Diakonie und Entwicklung e. V. rechtfertigte seine Forderung nach Religionszugehörigkeit in der Stellenausschreibung mit seinem verfassungsrechtlich geschützten kirchlichen Selbstbestimmungsrecht. Zudem sei die von ihm geforderte Religionszugehörigkeit nach der Art der ausgeschriebenen Tätigkeit eine gerechtfertigte berufliche Anforderung.
Das nach dem Instanzenzug mit dem Rechtsstreit befasste Bundesarbeitsgericht hat den Streitfall wegen der entscheidungserheblichen europarechtlichen Fragen dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt.
Dieser hat in seiner Entscheidung vom 17.04.2018 (Rechtssache C-414/16) entschieden, dass die Berufung auf religiöse Grundsetze oder Weltanschauungen bei der Ablehnung einer Bewerbung sowie auf die Erforderlichkeit der Religionszugehörigkeit für die Ausübung einer ausgeschriebenen Stelle grundsätzlich gerichtlich überprüfbar sind.
Nach dem Europäischen Gerichtshof muss die Anforderung notwendig, angesichts des Ethos der betreffenden Kirche oder Organisation aufgrund der Art der in Rede stehenden beruflichen Tätigkeit oder der Umstände ihrer Ausübung objektiv geboten sein und darf keine sachfremden Erwägungen ohne Bezug zu diesem Ethos oder dem Recht dieser Kirche oder Organisation auf Autonomie umfassen.
Die geltend gemachte Anforderung muss zudem verhältnismäßig sein.
Das Bundesarbeitsgericht hat nunmehr über den konkreten Streitfall unter Beachtung der Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs zu entschieden.
Sollte das Bundesarbeitsgericht vorliegend von einer Benachteiligung der konfessionslosen Bewerberin durch die Nichtberücksichtigung für ein Vorstellungsgespräch ausgehen, ist der Bewerberin eine angemessene Geldentschädigung zuzusprechen. Bei der Bemessung der Entschädigungshöhe ist neben der Art und Schwere der Benachteiligung sowie dem Verschuldensgrad bei dem Benachteiligenden unter anderem auch zu berücksichtigen, ob es sich um einen erstmaligen oder einen Wiederholungsfall handelt. Wäre die benachteiligte Person auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden, ist die Entschädigung grundsätzlich auf drei Monatsgehälter für die ausgeschriebene Stelle beschränkt.
Gelingt Bewerbern der Nachweis, dass sie bei benachteiligungsfreier Auswahl eingestellt worden wären, können Sie auch Schadensersatz (z.B. die Einkommensdifferenz zwischen dem Gehalt für die ausgeschriebene Stelle und einer aufgrund der in benachteiligender Weise erfolgten Nichteinstellung geringer dotierten Arbeitsstelle) fordern. Für die Geltendmachung von Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüchen ist grundsätzlich die Ausschlussfrist von zwei Monaten zu beachten, die im Falle einer Bewerbung mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung dann zu laufen beginnt, wenn der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.
Ein Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses ergibt sich jedoch wegen der Benachteiligung nach dem allgemeinen Gleichstellungsgesetz nicht.